Mainzer Hebammenwesen in der Frühen Neuzeit

Die Gründung des Accouchements in den Landesherrlichen Verordnungen

Am 7. Juni 1784 wurde das Mainzer Accouchement, französisch für Entbindungsanstalt, im Rahmen der Reform der Universität Mainz gegründet. Neben der Gründungsurkunde enthält die Edition landesherrliche Verordnungen, die Details der Errichtung des Accouchements, die Aufnahmebedingungen für ehelich und unehelich Schwangere, die Einführung eines Geburtenverzeichnisses mit Informationen über den Verlauf der Geburt sowie die Bezahlung der Hebammen thematisieren. Insgesamt geben die Quellen vor allem die obrigkeitliche Perspektive wieder.

Seinen Sitz fand die neue Einrichtung in dem säkularisierten Altmünsterkloster in Mainz. Gründer und anschließend auch erster Leiter des Accouchements war der Arzt Dr. Johann Peter Weidmann (1751–1819), der sich auf Chirurgie und Geburtshilfe spezialisiert hatte. Ziel der Mainzer Entbindungsanstalt war die (praktische) Ausbildung von Hebammen. Die Finanzierung der Anstalt wurde aus dem Universitätsfonds1 gewährleistet, während die entstehenden Kurs- und Examensgebühren von den jeweiligen Heimatgemeinden der Hebammen getragen werden sollten, da es gerade diese waren, die von der medizinischen Ausbildung der Hebammen profitierten. Schwangere Frauen standen der neuen Einrichtung des Accouchements skeptisch gegenüber. Zum einen, weil die dort tätigen Hebammen noch nicht voll ausgebildet waren. Zum anderen, weil es der traditionellen Hausgeburt mit einer ortsansässigen, bekannten Hebamme nicht entsprach. Deshalb richtete sich das Angebot vor allem an unehelich Schwangere, denen durch Meldung der Schwangerschaft an die Entbindungsanstalt neben der ärztlich betreuten Entbindung auch Diskretion und Straffreiheit versprochen wurde.

Auf diese Weise wurden im ersten Jahr insgesamt 97 Land- und fünf Stadthebammen ausgebildet, und in den ersten neun Monaten nach Gründung der Einrichtung kamen dort insgesamt 41 Kinder zur Welt.2 1794 musste das Accouchement schließen, da im Rahmen des Ersten Koalitionskrieges gegen Frankreich die Räumlichkeiten der Entbindungsanstalt an Benediktinermönche übergeben wurden.

Insgesamt steht die Etablierung der Accouchements im Zeichen der Professionalisierung und Akademisierung der Geburtshilfe unter der Führung von männlichem medizinischen Personal.


  1. Die Gelder des Universitätsfonds stammten aus der Auflösung der drei Mainzer Klöster Altmünster, Reichklara und Kartause, die vormals über reichen Grund- und Häuserbesitz verfügt hatten.
  2. Weber, Accouchement, S.423.